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Autorenbild@Nika

Wenn die Handpan Arabisch spricht

Manchmal passt im Leben einfach alles zusammen. Es gibt Themen, die schreibe ich, weil sie auf der To-Do-Liste stehen. Und dann gibt es Themen, die mich eine Weile begleiten, weil sie gerade genau zu mir und den Momenten im Leben passen. So erging es mir in dieser Woche mit dem Thema zur Handpan.


Wer hat's erfunden? Die Schweizer...

Ich lasse die Tage an mir vorüber ziehen. Meine Bildschirmzeit habe ich gegen Spaziergänge am Meer eingetauscht. Meine Artikel schreibe ich unter anderem im Co-Working-Space, das offiziell eigentlich ein Restaurant ist, tagsüber aber als Co-Working-Platz benutzt wird. Ich treffe nicht nur Menschen, die etwas ähnliches tun wie ich, sondern auch Menschen, die so sind und etwas haben, von dem ich gerne ein bisschen mehr hätte. Ich bin in der glücklichen Lage, einen Jogalehrer gefunden zu haben, bei dem jeder Tag anders sein darf und die Dinge um uns herum und wir selbst wahrgenommen, aber nicht bewertet werden. Während ich beim Schreiben sitze und die wenigen vorbeigehenden Menschen beobachte, kommt ein Mann vorbei, der für mich die Freiheit verkörperte. Er hatte lange blonde Haare, einen langen blonden Bart, lief barfuß in Sandalen und war mit einer Shorts bekleidet. Der kräftige Wind zerzauste sein Haar und er unterhielt sich mit seinem Bekannten, der mit seinen langen Schritten kaum mithalten konnte. Dieser Unbekannte war auf sich und das Gespräch konzentriert und ließ sich weder vom Wind irritieren noch interessierte ihn, was rechts und links von ihm in dem Moment passierte. Er war bei sich und dem Gespräch und in diesem Moment dachte ich "so müsste es eigentlich immer sein". Jeder lebt wie er möchte, zieht an was er will, tut was er will und mit wem er will und geht seiner Wege, und alles ist friedlich. Als Regeln gibt es die zehn Gebote und gut ist. Dass das so nicht funktioniert, ist mir schon klar, aber die gesellschaftlichen, religiösen und politischen Zwänge vermisse ich im Moment nicht. Ich fange an, mich über alternative Lebensformen zu informieren, und in diesem Flow landet das Thema Handpan auf meinem Tisch.


Im Jahr 2000 wurde von den Schweizern Felix Rohner und Sabine Schärer in Bern ein neues Instrument erfunden: Das Hang. Die Nachfrage nach dem Instrument wurde so groß, dass auch andere Instrumentenbauer das Hang nachbauten. Allerdings ist Hang eine Marke. Die Instrumentengruppe heißt Handpan. Und diese wiederum gilt es zu unterscheiden von einer Hang-Drum und von einer Steel-Drum. Eine Steel-Drum ist vor allem aus der Karibik bekannt. In einen Kessel werden Klangfelder eingehämmert, die mit der Hand oder mit Sticks bespielt werden. Eine Handpan entspricht mehr oder weniger einer umgedrehten Steelpan. Und ein Hang ist die Mutter aller Handpans von der Firma PANArt.


Die Steelpan wird meistens mit Schlägeln gespielt. (c) Facebook/Steel Pan Music

Abgeleitet von der Steelpan besteht die Handpan aus zwei Schalen aus Stahl, die am Rand zu einem Instrument zusammen gefügt werden. Es erinnert ein bißchen an einen Wok mit Deckel. In die obere Hälfte werden die sogenannten Klangfelder eingehämmert. Ganz oben findet sich der Bass als tiefster Instrumententon, der von den Musikern als "Ding" bezeichnet wird. Die Klangfelder entsprechen einer Skala mit Tönen, die aus einer bestimmten Tonart entnommen sind. Meistens sind es Molltonarten. D-Moll ist besonders beliebt oder D-Amara als keltische Molltonart. Man kann mit diesen Handpans jedoch weder chromatisch noch komplette Tonleitern spielen. Die Handpan wird mit dem Daumen, dem Daumenballen, den Fingern oder der Hand gespielt. Zwar gehört dieses moderne Instrument zu den Percussioninstrumenten, ist jedoch keine Trommel. Man spielt mit der Handpan Melodien, die vor allem bei Joga und Meditation beliebt sind. Aber damit ist die Vielfalt des Instruments noch lange nicht ausgereizt. Inzwischen findet sich die Handpan auch als Remix in der Elektro- und Dance-Musik wieder und passt, wie ich finde, auch da ganz gut hinein. Lässt man sich eine Handpan individuell anfertigen, dann kann man übrigens die Töne der Klangfelder selbst bestimmen. Für so ein Instrument zahlt man aber auch einige tausend Euro. Günstiger ist eine sogenannte Hang-Drum, die auf Deutsch Stahlzungentrommel heißt. Die Oberfläche der oberen Schale umfasst auch die Klangfelder, allerdings sind diese als Zungen in das Metall geschnitten. Sie können maschinell gefertigt werden und sind daher um einiges günstiger. Allerdings erreichen sie bei Weitem nicht die Klangqualität einer Handpan und werden häufig mit Schlägeln gespielt.


Eine Handpan kann mit anderen Handpans gemeinsam spielen, und ich entdecke ein großartiges Duo, Hang Massive, im Internet. Möchte man mit einer anderen Instrumentenart zusammen spielen, dann muss sich das andere Instrument stimmen lassen, denn eine Handpan kann man nicht stimmen. Handpan und Klavier wird daher meistens schwierig. Ich poste von Hang Massive ein Video in Facebook und erhalte viele Herzchen dafür von einer Freundin aus Alexandria, die ich jedoch auch aus Dahab kenne. Sie fragt mich, ob ich das schon mal probiert hätte, und leider muss ich das verneinen. Auf meine Nachfrage, wo ich denn eine Handpan in Ägypten finden könne, erhalte ich die frustrierende Nachricht "gar nicht". Nachdem ich das nicht so recht glauben möchte, mache ich mich auf die Suche.


Sherif Elmoghazy ist ägyptischer Handpan-Spieler


Leider muss ich feststellen, dass meine Bekannte Recht behalten sollte, aber ich treffe auf Sherif Elmoghazy. Nachdem er derzeit in Australien lebt, habe ich zumindest die Möglichkeit, über Facebook mit ihm zu sprechen. Er bestätigt, was ich nach einigen Recherchen vermutet habe. Man kann - außer über Amazon - keine Handpan in und aus Ägypten bekommen. Ein wenig wundert mich das, denn Handwerkskunst hat in Ägypten Tradition, auch wenn viele Chinakopien den Markt immer noch erobern. Ägyptische Lampen werden beispielsweise mit filigranen Mustern aus Metall geschnitten und gehämmert, und die großen runde Tischplatten aus Messing mit gehämmerten Motiven sind wahre Handwerkskunst. Da müsse es doch auch möglich sein, dass Ägypter Handpans hämmern, überlege ich. Sherifs Haltung dazu ist ganz deutlich. Handwerklich könne das grundsätzlich schon in Ägypten hergestellt werden. Allerdings dauere es Jahre, bis jemand Meister darin wäre, die Instrumente so zu hämmern, dass sie wirklich astrein gestimmt sind. Kommerzielle Handpans aus Bali oder die Billigdinger aus Amazon, die würden lediglich wie Handpans aussehen, aber nicht so klingen. Wolle jemand in Ägypten Handpans herstellen, so könne er das nur von jemandem lernen, der bereits manuell hochwertige Instrumente herstellt und auch stimmen könne.

Ich frage Sherif, ob eine Handpan überhaupt zu Ägypten passen würde, zu den Menschen, der Kultur und ihrer Musik. Nachdem er mir erzählt, dass Handpan-Musik sehr facettenreich sei und vor allem in Entspannungs- und Meditationsmusik ihren Platz gefunde habe, beginnt er von sich zu schildern. Er spiele mit der Handpan sogar westliche Musik oder Rockmusik. Aber es wäre auch möglich, Handpans mit einer arabischen Skala, der Hijaz zu bekommen. Damit klinge die Handpan wie ein Nomadeninstrument. Er selbst habe viel experimentiert. Er sei zu 110% Ägypter, auch, wenn er gerade in Australien lebe. Er habe ägyptische Rhythmen und Melodien im Blut.

Er spielt Handpan seit 2012, und nachdem das Instrument damals noch neu war, und ihn niemand unterrichten konnte, hat er sich selbst auf die Entdeckungsreise gemacht. Inzwischen, so sei er sicher, ist es ihm gelungen, eine Handpan Arabisch sprechen zu lassen. Auch mit Sufi-Musik hat er die Handpan kombiniert und schickt mir zwei Videos seiner Handpan-Performances. Dass Sherif zehn Jahre in Dahab gelebt hat, ist nur noch das i-Tüpfelchen, das die Begegnung mit dem Thema Handpan und Sherif perfekt macht.


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